Rudi Alker und Jaqueline Alker stimmen gegen die GroKo. Neuanfang sieht anders aus!
Mit einem offenen Brief wenden sich Rudi Alker und Jaqueline Alker an SPD-Mitglieder und begründen ihre Ablehnung des vorliegenden Koalitionsvertrages. Nur hier gibt es den ungekürzten Wortlaut:
Liebe Genossinnen und Genossen,
derzeit fällt es sicher vielen nicht leicht die Geschehnisse unserer „Spitzen“-Genossen in Berlin ohne Widerspruch nachvollziehen und ertragen zu können.
Die Wende von der Wende von Martin Schulz stößt ebenso auf wie das Rückwärts in Sachen GroKo. Wie dem auch sei, der letzte Bundesparteitag hat drei klare Hürden für den möglichen Eintritt in eine große Koalition gesetzt:
1. Die Auflösung der Kettenverträge/befristeten Arbeitsverträge
2. Eine liberalere Handhabung beim Zuzug von Familienangehörigen aus Kriegsgebieten wie Syrien
3. Den Einstieg in die Bürgerversicherung
Derzeit im Fokus der Öffentlichkeit stehen die Personalfragen und die Ministerämter.
Zugegeben, für unsere inzwischen auf –so schmerzlich das ist- 20% abgesackte Volkspartei ist sowohl programmatisch wie bei der Zuordnung der Ministerien einiges erreicht worden.
Letzteres steht leider mal wieder im Fokus. Der Eindruck, dass „verdiente Genossen“ sich hier gegenseitig stützen und uns Mitgliedern ein „da oben“ abgestimmtes „Personaltableau“ präsentieren, drängt sich auf. Ist das nun mit diesen Personen die angekündigte Erneuerung? Wir haben Zweifel.
Was ist nun das Ergebnis bei den drei Knackpunkten?
Zu 1: Bei den befristeten Beschäftigungsverhältnissen wurde ein Kompromiss erzielt, mit dem man aus unserer Sicht leben kann. Ein Recht von Teilzeit auf Vollzeit wurde aber nicht erzielt und sachgrundlose Befristung ist für Unternehmen mit weniger als 75 Mitarbeitern immer noch leicht umzusetzen.
Zu 2: Was den Nachzug von Flüchtlingsfamilien betrifft, so sollen wir mit Horst Seehofer nun einen Innen- und Heimatminister bekommen, der für uns in Verdacht steht, dass dessen christlich-soziales Gedankengut an der bayrischen Grenze endet. Hier auch nur den Ansatz eines erfolgreichen Verhandeln im Sinne einer menschlichen und integrativen Familienpolitik für Kriegsflüchtlinge und ihren Familien zu erkennen, vermögen wir nicht nachzuvollziehen. Für die CSU wahrlich ein gutes Ergebnis.
Auch wenn es faktisch nicht so heißt, so sind die im Koalitionsvertrag festgelegten 1000 Flüchtlinge pro Monat als Familiennachzug eine Obergrenze, die wir als SPD doch gar nicht wollten! Auch weiterhin sollen Abschiebungen in „sichere“ Herkunftsländer möglich sein.
Zu 3: Das „Ergebnis“ zur Bürgerversicherung: ein Prüfauftrag. Das ist für uns kein Ergebnis, sondern ein schlechter Scherz. Man muss hier nicht prüfen, sondern „machen“. Dann ergeben sich genügend Dinge, die es zu prüfen gilt.
Und das sind lediglich die Ergebnisse zu 3 zentralen Punkten. Was ist mit der noch kürzlich diskutieren Reichensteuer geworden? Es scheint, als wäre sie ganz in Vergessenheit geraten.
Zugegeben, im Koalitionsvertrag wird die Problematik in der Pflege thematisiert. 8000 zusätzliche Stellen als Sofortmaßnahme klingen erstmal gut. Fehlen tun jedoch schon jetzt 30.000. Da scheinen die 8000 weniger als ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Die vielen anderen Ergebnisse, die jetzt so gelobt werden, vermögen wir nicht abschließend zu überprüfen, welche davon die CDU mit anderen Parteien auch bereits verabredet hat. Eine Minderheitsregierung scheint ja leider gar nicht mehr diskutiert zu werden. Warum eigentlich nicht?
Können wir wirklich hoffen, dass uns dieses Mal in einer GroKo das gelingt, was uns fünf Jahre versagt geblieben ist und wofür uns die Bürgerinnen und Bürger mit dem schlechtesten Wahlergebnis unserer Nachkriegsgeschichte abgestraft haben? Kann es nicht auch sein, dass im Falle einer wirklich glaubhaften Erneuerung wir viele Wählerstimmen zurückholen und nicht die Gefahr laufen, noch mehr in der Wählergunst abzusacken?
Was ist das für eine Glaubwürdigkeit, wenn von heute auf morgen dem bisherigen Koalitionspartner „was in die Fresse gehauen werden soll“ und morgen mit ihm in die gemeinsame Kiste gesprungen wird?
Was so ganz untergeht:
Noch nie sind die Waffenexporte so gestiegen wie in den Jahren unter SPD-Außenministern! Mit deutschen Maschinengewehren sterben seit Jahren bis heute Kinder im Jemen. Mit deutschen Panzern erfolgt in diesen Tagen eine Invasion der Türkei im Norden Syriens gegen die bisher verbündeten Kurden, die bisher gut genug dafür waren, die Welt vom IS zu befreien und jetzt –mal wieder- selbst Opfer sind.
Und die Welt einschließlich Deutschland schaut zu! Da ist das Zerbrechen der bisherigen „Männerfreundschaft“ von Sigmar Gabriel und Martin Schulz nicht mehr tragisch, sondern schon fast nebensächlich.
Wir werden gegen die Neuauflage einer GroKo stimmen. Erneuerung sieht anders aus.
Rudi Alker Jaqueline Alker
SPD-Regionsabgeordneter